Offenbarungen der Corona-Pandemie
Seit Monaten bestimmen die Maßnahmen zur Eindämmung der
Corona-Pandemie unser Leben und ein Ende ist vorerst nicht absehbar.
Am 1. Und am 29. August haben Zehntausende in Berlin für
Freiheit und gegen einschränkende Hygiene-Maßnahmen demonstriert. Die ganz
besonders Doofen unter ihnen fürchteten gar eine heimliche Einführung des
Kommunismus in Deutschland.
Ist Freiheit wirklich „das Einzige was zählt“? Haben
Menschen als soziale Wesen nicht auch Verantwortung für ihre Mitbürger? Zwingen
nicht auch Natur und Umwelt zur Einsicht in die Notwendigkeit? Ist die
bürgerliche Freiheit der hemmungslosen Bereicherung Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit tatsächlich
eine Art göttliches Gebot?
Viren wüten ohne Rücksicht auf Klassenzugehörigkeit,
treffen aber die Villenbesitzer weniger stark als die Ghettobewohner, Leute mit
einem großen Bankkonto bei weitem nicht so krass, wie jene, die täglich um ihre
Existenz ringen müssen.
Wie in einem Brennglas wurden angesichts der Corona-Krise
die Gebrechen des herrschenden kapitalistischen Systems sichtbar und z.T. noch
verstärkt. Das Kapital hat sich in seiner Gier nach Profit Länder und
Kontinente unterworfen und ist schließlich auch in Bereiche der Daseinsvorsorge
eingedrungen, die sich der Kapitallogik entziehen. In einer Umfrage meinten
z.B. 96 % der Befragten, dass nicht Wirtschaftsinteressen
sondern das Patientenwohl das Gesundheitswesen bestimmen sollten. Die inhumanen
Folgen der zunehmenden Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens,
insbesondere Personaleinsparungen, schlechte Bezahlung der Pflegekräfte,
Verzicht auf Reserven und Kapazitäten für Notfälle, zeigten sich vor allem zu
Beginn der Pandemie in aller Deutlichkeit.
Durch Corona wurde sichtbar, dass 40 % der Studierenden auf
Nebenverdienste angewiesen sind, um ihr Studium und die überteuerten Studentenunterkünfte
bezahlen zu können. Die Heim-Beschulung hat die soziale Ungleichheit bei den
Bildungschancen weiter verschärft. In der Fleischindustrie und der
Landwirtschaft zeigte sich, wie moderne Lohnsklaverei funktioniert.
Eine schwere wirtschaftliche Krise kündigt sich an.
Anzeichen dafür gab es bereits vor dem Erscheinen des Corona-Virus. Die
deutsche Autoindustrie kämpfte schon zum Jahreswechsel mit Umsatzeinbußen, den
Folgen des Dieselskandals und den Herausforderungen der Umstellung auf
E-Mobilität. Wie lange noch der massive Einbruch z.B. der Tourismusindustrie
oder des Flugverkehrs anhält, ist schwer zu prognostizieren. Trotz
Kurzarbeitergeld werden die Arbeitslosenzahlen erheblich steigen. Wie in jeder
Krise werden kleine und mittlere Unternehmen auf der Strecke bleiben und die großen
Konzerne und Finanzjongleure dazugewinnen. Die immens wachsenden Staatsschulden
werden letztlich auf die Steuerzahler abgewälzt werden.
Eine Vermögensabgabe der Superreichen, die Wiedereinführung
der Vermögenssteuer oder die Erhöhung der Erbschaftssteuer stehen dabei nicht
zur Debatte. Auch die großen Gewinner der Corona-Krise, die Pharmazie- und
Digitalkonzerne mit Amazon, Facebook, Twitter und Google an der Spitze, haben
nichts zu befürchten. Eine angemessene Digitalsteuer scheint ebenso wenig
umsetzbar wie die systematische Austrocknung von Steueroasen. Durchaus
sinnvolle staatliche Investitionen in die Impfstoffentwicklung oder die
digitale Infrastruktur sind am Ende Subventionen in die Geschäftsfelder der
vorgenannten Konzerne.
Wie bei der Bankenkrise im Jahre 2008 wurden jetzt zur
Rettung des kapitalistischen Systems erneut Bürgschaften, Kredite und direkte
Finanzhilfen, ggf. auch die Schuldenübernahme durch den Staat beschlossen.
Finanzmittel, die wiederum mit Billionen Euro beziffert werden.
Ein Bruchteil dieser Finanzmittel würde ausreichen, um
Kinderarmut, Altersarmut, Wohnungsmangel oder Obdachlosigkeit vollständig zu
beseitigen, Klima- und Umweltschutz voranzubringen und selbst das umstrittene
Projekt eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürger zu finanzieren.
Für die Lufthansa wurden 9 Milliarden Euro locker gemacht,
das Doppelte ihres Börsenwertes und in etwa die Summe der Gewinnausschüttung an
die Aktionäre im letzten Jahr, noch dazu ohne jegliche Einflussmöglichkeit auf
Kündigungsschutz für die Angestellten oder eine klimafreundlichere Ausrichtung.
Es wiederholt sich, was bei der Rettung der Banken versäumt wurde oder
überhaupt nicht ernsthaft beabsichtigt war. Nach wie vor fehlt eine wirksame
Finanztransaktionssteuer. Noch immer ist es möglich, mit Wetten auf fallende Börsenkurse Milliarden zu scheffeln.
Zeitweilige Verstaatlichungen und Staatshilfen erwiesen sich schon damals als
Verstaatlichung von Schulden und Privatisierung von Gewinnen.
Corona zeigte aber auch die globale Abhängigkeit, das
Ausmaß der Verflechtung der nationalen Volkswirtschaften untereinander und
damit die dringende Notwendigkeit, die Weltprobleme auf vernünftiger Basis
international zu regeln.
Stattdessen dominiert in der Weltpolitik das steinzeitliche
Recht des Stärkeren. Die Rüstungsausgaben beziffern sich auf ca. eine Billion
Dollar jährlich und die profitable Rüstung findet immer wieder ihre Kriege. Selbst
an der Modernisierung von Atomwaffen wird 75 Jahre nach Hiroshima intensiv
gearbeitet, tragfähige Abkommen wurden aufgekündigt. Wirtschaftsblockaden und
Sanktionen behindern die Entwicklung von Ländern, die sich den
Weltherrschaftsansprüchen der USA widersetzen, jenem Land, dass sich auf der
anderen Seite die Kosten für die Weltgesundheitsorganisation spart.
Es gibt viele Gründe das kapitalistische System abzulehnen
und zu bekämpfen. Die Offenbarungen der Corona-Pandemie gehören dazu.