Gesellschaft zur
Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V.
Insiderkomitee
Erklärung zur Überführung
der MfS-Akten in das Bundesarchiv
Auf
Beschluss des Bundestages wird am 17. Juni 2021 das „Stasi-Unterlagen-Archiv“
als eigenständiger Teil in das Bundesarchiv überführt. Das Amt des "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ( BStU )" wird zum Amt des oder der
"Beauftragten für die Opfer der SED-Diktatur“ beim Deutschen Bundestag
"aufgewertet".
Die Behörde des
Bundesbeauftragten war mehr als 30 Jahre mit ihren zunächst über 3.000 Mitarbeitern die
wichtigste Instanz zur Delegitimierung der DDR.
Ihr Unterhalt verschlang mehrere Milliarden Euro an Steuermitteln.
Das
"Gesetz über die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes" wird rechtliche
Grundlage für die Überprüfungen auf „Stasi-Mitarbeit“ bleiben. Mit seiner
Verlängerung um weitere 10 auf dann insgesamt 40 Jahre (bis 2030) wird der Zugang zu
den MfS-Akten auch künftig nicht nach
dem Bundesarchiv-Gesetz erfolgen.
Das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit in
Berlin-Lichtenberg wird Archivzentum und der Standort
zur „Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie“, einem "Ort deutscher
Diktatur- und Demokratiegeschichte" ausgebaut. Die bisherigen 12
Außenstellen sollen modernisiert und umgestaltet werden. Perspektivisch sollen
Einsichtnahmen auch in Koblenz, Freiburg, Bayreuth und Ludwigsburg möglich
sein.
Geheim
bleiben die MfS-Erkenntnisse über die Machenschaften westlicher Geheimdienste
und kompromittierende Informationen über westliche Politiker. Die
Geheimdienstarchive der alten BRD bleiben ohnehin geschlossen.
Der
"Transformationsprozess" wird noch höhere finanzielle
Aufwendungen erfordern als bisher, aber dafür besser im Haushalt des
Bundesarchivs versteckt. Die BStU beschäftigte
zuletzt 1.400 Mitarbeiter für 111 km Akten, von denen keiner entlassen werden
soll. Die erst 1958 in der BRD gebildete Zentralstelle für die Aufklärung von
NS-Verbrechen beschäftigte vergleichsweise niemals mehr als 121 Mitarbeiter,
heute arbeiten dort zwanzig.
Auch
unter der Obhut des Bundesarchivs ist kein sachlicher Umgang mit den MfS-Akten
zu erwarten. Ihre einseitige und selektive Auswertung soll vielmehr noch
stärker mit allen anderen Formen der Anti-DDR-Propaganda verbunden werden.
Suggeriert wird, dass alle MfS-Akten „Opferakten“ seien, die sich auf
Repression und Überwachung beziehen. Tatsächlich sind mehr als die Hälfte davon
Ergebnisse von Sicherheitsüberprüfungen, in denen DDR-Bürgern z.B. vor Reisen
oder Tätigkeiten ins westliche Ausland oder dem Einsatz in bestimmte Funktionen
fast immer ihre Treue zur DDR bescheinigt wurde. Übrigens sind entsprechende
Sicherheitsüberprüfungen auch in westlichen Staaten üblich.
Vor
Übernahme der Unterlagen durch das Bundesarchiv erfolgte keinerlei
archivwissenschaftliche Bewertung. Ein Großteil der Akten enthält keine für die
Nachwelt bedeutsame Informationen, sind also ohne jeden archivalischen Wert.
Die
Bevölkerung der DDR wird sukzessive in ein Volk von SED-Opfern umprogrammiert.
Eine Vorahnung, was mit dem neuen Amt des "Opferbeauftragten der
SED-Diktatur" beabsichtigt ist, liefert eine in Brandenburg vorgelegte
Sozialstudie. Danach sollen 20 - 30 % der DDR-Bürger Opfer von Zersetzungsmaßnahmen
des MfS gewesen sein. "Kreativ" werden neue Opfer gesucht, z.B. durch
die Einbeziehung sämtlicher Insassen von Kinderheimen in der DDR. Krönung des
Ganzen ist die Feststellung, dass sogar erst nach dem Ende der DDR Geborene den
Opfer-Status erben können. Die Penetranz mit der auch weiter an der
Verteufelung der DDR festgehalten wird, ist nur erklärbar aus dem Bestreben,
jede Erinnerung an die emanzipatorischen Errungenschaften der DDR auszulöschen
und jede sozialistische Idee aus den Köpfen zu verbannen.
Auch
nach Jahrzehnten solcher Gehirnwäsche ist die "Umerziehung der
Ostdeutschen" weitgehend erfolglos geblieben. Diese Erkenntnis veranlasst
offenbar den Ostbeauftragten Wanderwitz zu der Feststellung: „Wir haben es mit
Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass
sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“.
Welche
Demokratie sie meinen, zeigt die Gegenwart. Die Grenzen des profitorientierten
Gesundheitssystems, die Frage bezahlbaren Wohnens, die Versäumnisse in der
Umwelt- und Klimapolitik, die erkennbare Gleichschaltung der Medien, die
abenteuerlichen Begründungen für die profitable Erweiterung des
Rüstungsgeschäfts und die Politik am Rande eines heißen Krieges lassen die
Fassade des kapitalistischen Systems bröckeln und verlangen nach Antworten.
Dass solche Antworten auch in den guten wie den schlechten Erfahrungen der DDR
zu finden sind, wird sich auf Dauer nicht verleugnen lassen.
Anlässlich
der Überführung der MfS-Unterlagen in das Bundesarchiv und der Schaffung des
Amtes "Beauftragter für die Opfer der SED-Diktatur“ fordern wir:
-
Antworten auf unsere 21 Fragen "zum Umgang mit der DDR-Geschichte",
die wir im Oktober 2018 dem damaligen Bundesbeauftragten Roland Jahn stellten;
ihre Aktualität ist ungebrochen.
-
Sachlichen und wahrheitsgemäßen Umgang mit der Geschichte beider deutscher
Staaten und ihrer Geheimdienste.
-
Schluss mit der Dämonisierung der DDR und des MfS in Medien, Gedenkstätten, Schulbüchern und in
Reden von Politikern.
-
Aufhebung aller Regelungen, die Ostdeutsche aufgrund ihrer Vergangenheit
diskriminieren, einschließlich der Rehabilitierung der zu Unrecht Verfolgten.
-
Keine weitere Verschleuderung von Steuergeldern.
Berlin,
am 17. Juni 2021