Eine Attacke der Stasiunterlagenbehörden oder neueste
Ente aus des Knaben Wunderhorn? – Zwangsarbeiter arbeiteten in der DDR für
IKEA!
Der schwedische
Rundfunksender SVT meldete Anfang Mai, gestützt auf Dokumente der
Stasiunterlagenbehörde, dass IKEA seine Möbel auch von politischen Gefangenen
in der DDR produzieren ließ. Sofort ging eine Presselawine in Gang und die
Mitteldeutsche Zeitung bezog sich auf den Leiter der Stasigedenkstätte Dr.
Knabe, der von Zwangsarbeit sprach und eine Entschädigung forderte.
Nach Zufall sieht die ganze
Geschichte nicht aus, eher nach einer gezielten Aktion derer, die noch in den
Stiefeln des Kalten Krieges stecken. Warum verwenden die vielen hörigen
Journalisten und Redaktionen den Begriff „Zwangsarbeit“ oder „Zwangsarbeiter“,
obwohl dies der schwedische Sender und auch Dr. Knabe so direkt nicht taten?
Diese Begriffe sind in Deutschland und den Ländern der Anti-Hitler-Koalition
besetzt mit den Verbrechen der deutschen Faschisten an den Zwangsverschleppten,
den KZ-Häftlingen, vor allem den Juden und dem brutalen Umgang mit sowjetischen
Kriegsgefangenen.
Wer hat ein politisches
Interesse an der Verharmlosung dieser Verbrechen durch Gleichsetzung mit
Verhältnissen in der DDR? Wer hat ein
ökonomisches Interesse und wer ein persönliches?
Das „Neue Deutschland“
schrieb am 03.05.2012: „Retro ist in, die Stasi-Industrie weiß, wie man mediale
Ladenhüter neu auf den Markt bringt.“
Zum Komplex der
Stasi-Industrie zählen all jene Institutionen, die nun schon über zwanzig Jahre
durch die Stasi-Hetze und Stasi-Hysterie gutes Geld verdienen und mit
Steuergeldern promovieren. Man kann auch die Nutznießer dazu zählen, die vom
Ausschalten der Konkurrenten und dem Freischießen gut bezahlter Posten
profitieren.
Was ist Zwangsarbeit?
Die Internationale
Arbeitsorganisation (ILO) definierte 1930 in Artikel 2 Abs. 1 des
Übereinkommens über Zwangs- und Pflichtarbeit die Zwangsarbeit als
unfreiwillige Arbeit oder Dienstleistung, die unter Androhung einer Strafe
ausgeübt wird.
Im Abs. 2 heißt es weiter dazu:
„ Als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne
dieses Übereinkommens gelten jedoch nicht …..c) jede Arbeit oder
Dienstleistung, die von einer Person auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung
verlangt wird, jedoch unter der Bedingung, dass diese Arbeit oder
Dienstleistung unter Überwachung und Aufsicht der öffentlichen Behörden
ausgeführt wird und dass der Verurteilte nicht an Einzelpersonen oder privaten
Gesellschaften und Vereinigungen verdingt oder ihnen sonst zur Verfügung
gestellt wird.“
Der Einsatz der Gefangenen
zur Arbeit im Strafvollzug der DDR erfüllte alle internationalen Bedingungen
und ging darüber hinaus. Gefangene arbeiteten nicht für Privatunternehmen und
es gab auch kein auf privatkapitalistischer Basis betriebenes Gefängnis, wie
dies heute leider immer mehr zugelassen wird.
Wie sah es in der DDR in
den 70-er Jahren aus?
Die Verfassung der DDR
garantierte jedem Bürger ein Recht auf Arbeit. Dies galt auch für gerichtlich
zu Freiheitsentzug verurteilte Bürger. Der Strafvollzugeinrichtung war es nicht
erlaubt, einen Gefangenen vom Arbeitsprozeß auszuschließen. Dieses
Verfassungsrecht konnte in den Mauern der Gefängnisse nicht verwirklicht werden
und führte zu dem breiten System des Einsatzes Strafgefangener in den
volkseigenen Betrieben fasst aller Wirtschaftszweige. Mehr als 65 % aller
Strafgefangenen arbeiteten außerhalb der Vollzugseinrichtung in volkseigenen
Betrieben. Dort wurden sie von Betriebsangehörigen fachlich angeleitet und
kontrolliert, arbeiteten teils gemeinsam mit ihnen. Während des
Arbeitseinsatzes galten die gleichen Lohnbestimmungen, Arbeitszeit-,
Arbeitsschutz und Gesundheitsbestimmungen wie für freie Bürger/Arbeiter dieses
Betriebes. Was und wie produziert wurde, entsprach den Richtlinien der Betriebe
für ihre Arbeiter. Über den Verkauf der produzierten Güter entschied der
Betrieb. Viele Betriebe, in denen auch Strafgefangene arbeiteten, lieferten
ihre Waren oft unter hohen Verlust zu Niedrigpreisen an Unternehmen der BRD und
des westlichen Auslandes, weil Devisen gebraucht wurden. Wenn alle
Strafgefangenen eines Landes nicht in gefängniseigenen Werkstätten, sondern
integriert in den Betrieben fasst aller Wirtschaftszweige arbeiten, dann bleibt
es nicht aus, dass sie durch Teilprodukte und Zulieferketten an einer breiten
Warenpalette beteiligt sind. In der DDR waren Strafgefangene in Bezug auf die
produktive Arbeit gleichberechtigte Arbeitskräfte und wurden zentral
vermittelt.
Das Strafvollzugsgesetz der
DDR legte, wie auch das der Bundesrepublik Deutschland, für alle Strafgefangenen
eine Arbeitspflicht fest. Warum nun die Arbeitspflicht im Strafvollzug der DDR
Zwangsarbeit sein soll und die der Gefangenen in der Bundesrepublik nicht,
entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Der Unsinn geht ja noch weiter: Alle
Strafgefangenen, egal nach welchem Gesetz sie verurteilt waren, mit oder ohne
politische Hintergründe und Begleitumstände, waren zur produktiven,
gesellschaftlich nützlichen Arbeit eingesetzt und erhielten die gesetzlich
festgelegte Vergütung (18 % des Lohnes eines freien Arbeiters und 100% aller
Zuschläge und Prämien). Warum nun politische Gefangene eine Entschädigung
bekommen sollen und die anderen Gefangenen nicht, kann uns bisher keiner sagen.
IKEA, Neckermann und andere
Abnehmer von Waren, an deren Herstellung Strafgefangene beteiligt waren, hatten
keine Kenntnis von den Verpflechtungen der DDR-Wirtschaft und welche
Betriebsabteilungen am Produkt arbeiteten. Auf Wunsch der Abnehmer wurde die
Ware so verpackt und deklariert, dass deren Herkunft aus der DDR nicht erkennbar
war. Es gab schließlich den Kalten Krieg, Hallstein-Doktrin und Boykottaufrufe.
Wer Gefangenen während der
Haft einen bezahlten und mit freien Arbeitern vergleichbaren Arbeitseinsatz
ermöglicht, macht nichts moralisch oder juristisch Anstößiges. Gesellschaftlich
nützliche Arbeit trägt zur Resozialisierung bei, dies weiß jeder, der sich mit
Fragen der Behandlung von Strafrechtsverletzern und deren Wiedereingliederung
beschäftigt.
Der Arbeitseinsatz machte
erst die sozialen Komponenten für den Strafgefangenen und deren Angehörige
möglich. Wie in jedem Strafvollzug dieser Welt, erhielten die Strafgefangenen
in der DDR nicht den vollen, erarbeiteten Lohn ausgezahlt, sondern nur einen
kleinen Prozentsatz. Die Masse behält der Staat als Kompensation für seine Aufwendungen
für Unterbringung, Versorgung, med. Betreuung, Bewachung und Sicherstellung
ein. Strafgefangene in der DDR erhielten 18 % des Nettolohnes eines
vergleichbaren freien Arbeiters, jugendliche Strafgefangene 35 % des
vergleichbaren Lehrlingsentgeltes als Vergütung ausgezahlt. Alle Zuschläge
wegen Nachtschicht, gesundheitsgefährdender
Arbeit und alle Prämien ( für Materialeinsparungen, Planerfüllung, Neuerervorschläge usw.) wurden zu 100 %
gezahlt.
In der DDR stand die Fürsorge
für Kinder im Mittelpunkt sozialer Anstrengungen. Die Sicherstellung des
Unterhalts für Kinder der Strafgefangenen wurde gesetzlich verankert. Die
Angehörigen bekamen den Unterhalt von der Strafvollzugseinrichtung monatlich
überwiesen, auch wenn der unterhaltsverpflichtende Vater nicht leistungsfähig
war. Dies traf zu, wenn ein Strafgefangener durch Gerichtstermine, Krankheit,
Verbüßung von Arreststrafen oder Verweigerung einer Arbeit nicht von seinem
Recht auf Arbeit Gebrauch machen konnte. Eine solche Situation sollte sich nicht
auf die unschuldige Familie auswirken. Die Höhe des Unterhalts war abhängig vom
Nettoverdienst des Strafgefangenen, also von dem was ein freier Arbeiter
verdiente, also von den 100 %, nicht den 18 %, die der Gefangene als Vergütung
bekam.
Ähnlich verhielt es sich mit
der Sozialversicherung für Gefangene. In der DDR war die Dauer des
Arbeitseinsatzes der Gefangenen einer versicherungspflichtigen Tätigkeit
gleichgestellt, d. h. der Gefangene war kranken- und rentenversichert. Damit
wurde verhindert, dass für ihn und seine Familie noch lange nach der Entlassung
aus dem Strafvollzug, finanzielle Auswirkungen der Straftat das Leben
belasteten.
Wer Angesichts eines solchen
sozial gefederten Arbeitseinsatzes der Strafgefangenen in der DDR von
Zwangsarbeit spricht, kann nur böswillig oder aus Unwissenheit handeln.
Letztere können hinzu lernen, die Böswilligen tun dies aus politischer
Blindheit nicht.
Wie ist die Lage im
Strafvollzug der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011?
Nach der Förderalismusreform
ist der Vollzug von Freiheitsstrafen Ländersache. Jedes Land hat auf der Basis
des Strafvollzugsgesetzes von 1977 eine eigene Strafvollzugsgesetzgebung.
Dadurch liegen Gesamtzahlen zur Arbeit der Gefangenen und anderen Fragen nicht
vor.
Nach dem Grundgesetz besteht für alle
Gefangenen eine Arbeitspflicht, aber kein Recht auf Arbeit. Sollten Gefangene
die zugewiesene Arbeit verweigern, kann der Staat ihnen die
Gefängnisunterbringung in Rechnung stellen. Zudem drohen Sanktionen innerhalb
des Vollzuges, wie Isolationshaft und Einschränkung der Bildungs- und
Informationsrechte.
Der Leiter des
Strafvollzugsarchivs in Bremen, Johannes Feest schätzte in einen Gespräch mit
der Zeitung „Junge Welt“ am 19.07.2011 die Lage so ein:
Frage: „Längst nicht alle
Strafgefangenen erhalten die Möglichkeit, einer Ausbildung oder einer Arbeit
nachzugehen – wovon hängt das ab?“
„Das kommt darauf an, wie viel Arbeit in der
jeweiligen Anstalt vorhanden ist. Ob Firmen Aufträge dorthin vermitteln oder
die Anstalt über eigene Betriebe verfügt, beispielsweise eine Wäscherei oder
Druckerei. Tatsächlich haben mitunter nur die Hälfte der Gefangenen einer
Anstalt Arbeit.“
Frage: „Wie sind denn die
Strafgefangenen, denen es gelungen ist, Arbeit zu ergattern, ansonsten sozial abgesichert?“
„In die Unfall- und Arbeitslosenversicherung sind sie
minimal einbezogen, aber nicht in die Krankenversicherung…. Lohnfortzahlungen
im Krankheitsfall gibt es nicht, weil der Arbeitslohn zu gering ist. Sie
erhalten nur neun Prozent dessen, was durchschnittlich außerhalb gezahlt wird.“
Im Gespräch informierte er
auch, dass Gefangene in der Bundesrepublik Deutschland nicht in die
Rentenversicherung einbezogen sind, obwohl dies im Strafvollzugsgesetz von 1977 vorgesehen war. Es fehlt bis heute
ein damals dazu versprochenes Bundesgesetz.
Im Jahre 2008 arbeiteten in
NRW 60 % der 17 000 Inhaftierten und erwirtschafteten 48 Millionen Euro. Sie
arbeiten bis zu 41 Stunden in der Woche und erhalten dafür durchschnittlich 13
Euro pro Tag. Von dieser Vergütung dürfen sie 50 % zum Einkauf als Hausgeld
behalten.
In Berlin erhalten Gefangene,
die für ein Modeunternehmen arbeiten einen Tageslohn von 8 bis 14 Euro. Das
entspricht einem Stundenlohn von 1,75 Euro.
Rechtlich sind diese Löhne
nicht zu beanstanden. Sie liegen für Gefangene zwischen 1,01 bis 1,68 Euro.
Um die laufenden
Unterhaltszahlungen kümmern sich die Vollzugseinrichtungen nicht.
Fazit:
Beim Vergleich des
unterschiedlichen Herangehens in Fragen Arbeitseinsatz Gefangener im Osten und
Westen Deutschlands muss beachtet werden, dass die Zahlen und Fakten im Osten
mehr als 30 Jahre zurück liegen. Werte aus dem Westen Deutschlands der 70-er
Jahre liegen nicht vor.
Wenn man bewerten will, was
einem arbeitenden Gefangenen als Lohn oder zum persönlichen Verbrauch übrig
blieb, müsste man die niedrigen Preise für Lebensmittel in der DDR heranziehen.
In beiden Teilen Deutschlands
wurden und werden die Strafgefangenen einer Arbeitspflicht unterworfen. Der
Gesundheits- und Arbeitsschutz unterscheidet sich im Arbeitsprozeß nicht von
dem freier Arbeiter. Die Entlohnung ist in beiden Systemen gesetzlich geregelt,
ein unmittelbarer Nutzen aus der Arbeit verspürte jeder arbeitende Gefangene.
Die Einbeziehung arbeitender
Gefangener in die Rentenversicherung erfolgte nur in der DDR. Die Fürsorge der
Vollzugseinrichtung für die regelmäßige Unterhaltszahlung an die Kinder war in
der DDR ein Akt der Menschlichkeit.
Es gibt und gab nach 1945 in
Deutschland keine Zwangsarbeit, weder in der DDR noch in der BRD.
D. Winderlich
Chefinspekteur a. D.