Das Buch

 

Die Bücher zum MfS füllen inzwischen ganze Bibliotheken. Viele sind schwer zu lesen. Oder tendenziös und ideologisch aufgeladen. Die einen speisen sich aus Vorurteilen, die anderen gleichen Verteidigungsschriften. Für manchen jungen Menschen nicht unbedingt eine Lektüre, nach welcher einer heutzutage gern greift. Trotzdem mehren sich die Fragen, die sich in dieser Sache stellen. Denn die Auskünfte, die massenkompatibel verbreitet werden, befriedigen keineswegs jeden. Die Skepsis wächst in dem Maße, wie die Antworten stereotyp und standardisiert erteilt werden. Millionen Euro Steuergelder werden für Geschichtspropaganda ausgegeben, damit eine einzig zulässige Sicht verbreitet wird. So hielt man es im Dritten Reich, und auch die offizielle Bundesrepublik  liebt es uniform. Warum diese Gleichschaltung des Denkens?

In diesem Buch geben verschiedene Autoren sachkundig Antworten auf Fragen rund um »die Stasi«, wie sie von Gymnasiasten, Studenten und interessierten, aber unbefriedigt informierten Zeitgenossen gestellt wurden.   

 

Die Herausgeber

 

Werner Großmann, Jahrgang 1929, kam mit 23 Jahren zum Außenpolitischen Nachrichtendienst (APN), dem Vorläufer der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) des MfS. In den 60er Jahren absolvierte er die Parteihochschule in Moskau, in den 70ern die Juristische Hochschule in Potsdam. 1986 übernahm er in der Nachfolge von Markus Wolf die Leitung der HV A. In dieser Funktion war er zugleich Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit.

Generaloberst a. D. Werner Großmann lebt in Berlin. 

 

Wolfgang Schwanitz, Jahrgang 1930, trat 1951 dem MfS bei.

In den 60er Jahren studierte er Jura an der Humboldt-Universität zu Berlin, promovierte 1973 an der Juristischen Hochschule in Potsdam. Von 1974 bis 1986 leitete er die Bezirksverwaltung Berlin des MfS. Von 1986 bis November 1989 Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit. Im Dezember 1989 Berufung zum Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS), in dieser Funktion Mitglied des Ministerrates der DDR.

Generalleutnant a. D. Wolfgang Schwanitz lebt in Berlin.

 

 

Seit 1990 gibt es das Ministerium für Staatssicherheit nicht mehr. Die Institution ging mit dem Land unter, das sie ins Leben gerufen hatte. Formal teilte das MfS also das Schicksal aller Ministerien der DDR, deren einstige Mitarbeiter, die offiziellen wie die inoffiziellen, in vergleichbaren Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland eine neue Arbeit fanden.

Natürlich ist das Ironie.

Das Schicksal des MfS und seiner Mitarbeiter ist keineswegs mit denen anderer DDR-Einrichtungen vergleichbar. Bereits vor dem Anschluss des Landes begannen Ausgrenzung und Ächtung. Die öffentliche Denunziation verschärfte sich nach dem 3. Oktober 1990. Alles, was sich an Schlechtem seit Kriegsende zwischen Flensburg und Dresden, Ostsee und Bodensee zugetragen hatte, besaß seither nur eine Adresse. »Die Stasi« war an allem Schuld.

Dies wird seither mit großem propagandistischen Aufwand in die Hirne von Millionen gehämmert. Wie jede Indoktrination nimmt es auch diese mit den Fakten und der historischen Wahrheit nicht so genau. Folglich sind derzeit die Kenntnisse mehr als dürftig. Was »die Stasi« tatsächlich gemacht hat, woran sie »Schuld« trug und woran nicht, was man ihr tatsächlich vorwerfen muss, und warum es sie überhaupt gab, das wird nicht vermittelt. Auch wenn diese Fragen durchaus legitim sind und sich auch unideologisch beantworten lassen: Sie werden es nicht.

Viele Fragen stehen nicht nur »im Raum«, sondern werden zunehmend von jungen Menschen gestellt, die berechtigt Zweifel daran haben, ob alles so stimmt, was man ihnen einzureden versucht. Viele dieser Fragen klingen in den Ohren der Eingeweihten banal: Das weiß man doch, das ist doch logisch! Nein, für die heute 20- oder 30-Jährigen ist nicht alles logisch und schon gar nicht bekannt. Und deshalb sind ihre Fragen von anderem Zuschnitt als von einst. Positiv selbst an der vermeintlich dümmsten Frage ist die Tatsache, dass sie überhaupt gestellt wird. Denn wer fragt, gibt sich mit den bisherigen Antworten nicht zufrieden. 

Das vorliegende Buch verdankt zweifelsohne sein Erscheinen – leider, muss man sagen – dem unwürdigen Zustand, dass auch zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR der innere Frieden in der Bundesrepublik Deutschland infolge eines politisch und medial forcierten feindseligen, auf Leugnung historischer Wahrheiten beruhenden Umganges mit der DDR, ihren staatlichen Strukturen, Einrichtungen und Bürgern erkennbar gestört wird. Egon Krenz hat Recht, wenn er in seinem Vorwort von »Herbst 89« schreibt: »Eine Allianz aus Politikern, systemtreuen Historikern und ebensolchen Journalisten, vermeintlichen oder tatsächlichen DDR-Oppositionellen aktiviert stabsmäßig uralte Feindbilder und Klischees über die DDR. […] Sie übertreffen an Gehässigkeit und Falschheit noch jene aus den finsteren Jahren des Kalten Krieges

Einige Vorbemerkungen sollen als Hintergrundinformationen das Anliegen des Buches ergänzen, bekräftigen und bestimmte Zusammenhänge verständlicher machen.

Wären die Verhältnisse und Gegebenheiten der vereinnahmten DDR fair und ohne systematische Kriminalisierungs- und Diffamierungsabsichten, ohne Hass und Häme erörtert und historisch gerecht beurteilt worden, hätte sich vermutlich eine eingehende Beschreibung von Strukturen, Methoden, Mitteln und Aufgaben des MfS, des DDR-Schutz- und Sicherheitsorgans mit geheimen nachrichtendienstlichen Befugnissen nicht unbedingt aufgedrängt. Jahrelange Bemühungen, in sachlichen Diskussionsrunden und öffentlichen Veranstaltungen, im fairen Meinungsstreit eine realistische Bewertung der Biographien der Bürger der DDR zu erörtern und Probleme aufzulösen, wurden von den Vertretern des herrschenden Zeitgeistes grundsätzlich, in der Regel mit Arroganz und Häme, zurückgewiesen und haben daher zu keiner Beruhigung führen können. Eine solche Entwicklung hat mit Vernunft und politischer Weitsicht nichts zu tun.

Nun gut, könnte man sagen, das eben ist Klassenkampf, der eigentlich nur eine Erfindung starrköpfiger Marxisten sei.

»Stasi«, »Stasi« und nochmals »Stasi«: Das ist der Stoff, aus dem der Mythos des Unmenschlichen und weltweit Einmaligen gewoben wird, um die Köpfe der Menschen zu vernebeln und eine vernünftige Rückschau auf die DDR auszuschließen. Selbst Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble war, wie von ihm zu hören ist, damals für eine Vernichtung der Akten des MfS, weil er »destruktive Streitigkeiten über die Vergangenheitsbewertung« vorausgeahnt habe. Ob das aber in heutiger Zeit für das Finden eines Wahrheitsbeweises gut gewesen wäre, sei dahingestellt.

Verbale Beleidigungen, Verleumdungen und als künstlerische Werke, journalistische Dokumentationen und wissenschaftliche Arbeiten verkleidete, zentral gesteuerte und mit umfangreichen Steuermitteln geförderte Angriffe auf Strukturen und Erscheinungen der DDR-Vergangenheit – wobei das MfS als Vehikel für die Diffamierungsabsichten herzuhalten hat – eskalieren die Situation ungehemmt weiter. Die konfrontativen Standpunkte verhärten sich, werden immer unversöhnlicher. Eine so vergiftete gesellschaftliche Atmosphäre bleibt auf Dauer nicht ohne negative Folgen für den inneren Frieden. Dieses Land – es sollte doch auch das Land der sogenannten Staatsnahen, auch der Autoren dieses Buches, sein dürfen – hat schier unlösbare nationale und globale wirtschaftliche, gesellschaftspolitische und ökologische Probleme zu bewältigen. Müssen wir uns dann in diesen nachtragenden Streitigkeiten verlieren und wertvolles gesellschaftliches Potenzial vergeuden?

Als 1991 der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel vor der westdeutschen Richterschaft forderte, es müsse gelingen, das »SED-Regime zu delegitimieren«, schien er bereits – wie nunmehr zu erkennen ist – die Schwierigkeiten dieses Anliegens geahnt zu haben. Nur so macht die beschwörende Formulierung, »es muss uns gelingen« einen verständlichen Sinn.

Als Erinnerungshilfe, wie arglistig überhaupt gedacht war, mit den »Brüdern und Schwestern«, wenn man sie endlich eingefangen hatte, umzugehen, sei hier ein Zitat des auf allen Talkshows präsenten Historikers Arnulf Baring angeführt, der unwidersprochen erklärte, die Leute »da drüben« seien »verzwergt« und »verhunzt«. »Ob sich einer dort Jurist nennt oder Ökonom, Pädagoge, Soziologe, selbst Arzt oder Ingenieur, das ist alles egal. Sein Wissen ist auf weite Strecken unbrauchbar

Ausgehend von den nahezu täglich in den Printmedien, in Funk und Fernsehen meist verfälschten in die Welt gesetzten denunzierenden bösartigen Auslassungen zu ehemaligen hauptamtlichen wie auch Inoffiziellen Mitarbeitern und zur Tätigkeit des MfS überhaupt, ist der Schluss nicht unbegründet, dass außer den politisch gewollten vordergründigen Diffamierungsabsichten für die Bevölkerung auch berechtigtes Informationsinteresse besteht. Unkundige sehen nämlich gewöhnlich in Geheimdiensten entweder etwas ganz Schreckliches, Verruchtes wenn nicht gar Abscheuliches. Andere wiederum meinen, dort Abenteuer und Risikofreude zu finden. Soweit es sich allerdings um die »Stasi« handelt, wie das MfS, aus welchen Gründen auch immer, bezeichnet wird, muss nach dem Willen der sogenannten öffentlichen Meinung das Böse dominieren. Das ist erklärtes Ziel aktuellen politischen Handelns.

Auf eine Anfrage zu den Kriterien eines »Unrechtsstaates« teilte die CDU-geführte Bundesregierung mit, »es gehe zumeist darum, die politische Ordnung eines Staates, der als Unrechtsstaat gebrandmarkt wird […] moralisch zu diskreditieren«.

Nun wissen wir es aus berufenem Munde und müssen nicht nach den Gründen von Medienschlachten forschen. Nach Auffassung der politisch Herrschenden dieses Landes ist die Welt ohnehin in gute, weil demokratische oder wenigstens kapitalistische Staaten, und in böse, wenn nicht gar Schurkenstaaten, aufgeteilt. Folglich gibt es auch gute und böse Geheimdienste. Zu Letzteren gehört nach dieser Sprachregelung das MfS. Demzufolge sind die Angehörigen dieses Ministeriums der DDR a priori stigmatisiert.

 

Die Menschen des vereinigten, einst zweigeteilten Landes – vor Wahlen schmeichelnd »der Souverän« genannt, wenn die Parteien Wählerstimmen brauchen – machen sich kaum Vorstellungen, in welchem Maße gerade Parteien oder Behörden mit in Anspruch genommener Deutungshoheit ein Hort von Hass, Bösartigkeit, Lügen und auch Dummheit sind, wenn es um die Diffamierung und das Verächtlichmachen, die Verleumdung und Kriminalisierung der DDR und ihrer Vergangenheit geht.

»Herr Generalsekretär«, so Bundeskanzler Helmut Kohl 1987 zu Erich Honecker beim Festessen in Bad Godesberg, »es ist richtig und gut, dass wir zusammenkommen und miteinander sprechen. Mit unserer praktischen Zusammenarbeit trotz aller Gegensätze haben wir ein Beispiel gegeben – zum Wohle der Menschen und im Interesse des Friedens. Auch die übrigen Völker Europas wünschen sich, dass sich die Deutschen in Ost und West vertragen

Diese Aussage muss, das darf man getrost unterstellen, offizielles politisches Programm der Bundesregierung gewesen sein. War sie aber auch ehrlich und aufrichtig gemeint? Klaus Kinkel ließ zu Protokoll nehmen: »Was die sogenannte DDR und deren Regierung betrifft, so handelt es sich dort nicht einmal um einen eigenständigen Staat, diese sogenannte DDR ist niemals von uns staatsrechtlich anerkannt worden. Es gab ein einheitliches Deutschland, von dem ein gewisser Teil von einer Verbrecherbande besetzt war So wurde der Ex-BND-Chef und Justizminister am 26. Oktober 1992 von der Frankfurter Rundschau zitiert.

Ein solcher Ausfluss des Hasses aus der Zeit des Kalten Krieges, gepaart mit tief sitzender antikommunistischer Gesinnung, ist letztlich das durchschlagende Motiv für die nie erloschene Feindseligkeit gegenüber der DDR und ihren Bürgern. Nicht wenige von den nach dem Anschluss kriminalisierten Menschen aber hatten einst mit höchstem Blutzoll, um den Preis ihres Lebens, ihrer Freiheit und den Verlust ihrer Heimat mutig Widerstand gegen den Faschismus und dessen verbrecherische Politik geleistet und schließlich, nach dem an der Adenauerpolitik die Einheit Deutschlands gescheitert war, einen friedfertigen, antifaschistischen, antikapitalistischen deutschen Staat geschaffen. Und zu diesem Staat gehörte, ob das jemandem gefällt oder nicht, auch ein mit geheimdienstlichen Befugnissen ausgestattetes, in einem speziellen Ministerium organisiertes Staatssicherheitsorgan. Wie anders hätten die geheimdienstlichen und andere Angriffe auf den von der Bundesrepublik ungeliebten sozialistischen Staat abgewehrt werden können?

Welchen Anteil somit die Bundesrepublik selbst am Sicherheitsdenken in der DDR hatte, wird in seinem ganzen Ausmaß erst nach vollständiger Öffnung der Aktenbestände der Geheimarchive der BRD hinreichend beurteilt werden können. Es lässt sich doch nicht aus der Welt schaffen: Zahllose bundesdeutsche und ausländische Geheimdienste und Einrichtungen, die Spionage, Terror und Brandstiftung, Hetze, unterminierende Wühltätigkeit und Menschenhandel, staatlich und privatkapitalistisch finanzierte Sabotage und Diversion betrieben, gingen gegen die DDR vor. Es waren Organe und Einrichtungen der Alt-BRD bzw. sie erfreuten sich erwiesenermaßen des Wohlwollens und der Unterstützung dieses Staates.

Aber genau das bleibt bei der »Aufarbeitung der Geschichte der DDR« und im Besonderen bei der Beurteilung und Beschreibung der Tätigkeit des MfS gänzlich unerwähnt. Mehr noch, es wird behauptet, dass diese Einwirkung auf die DDR legitim und deren Aufklärung und Bekämpfung illegitim gewesen sei.

An der Tätigkeit des MfS lässt sich die Zielstellung der Delegitimierung der DDR wohlfeil »aufarbeiten«. Da mutieren in der DDR begangene Gesetzesverletzungen einfach zum legitimen »antikommunistischen Widerstand« durch einstige »Stasiopfer«. Die Aufklärungs-, Sicherheits- und Abwehrmaßnahmen des MfS sind dann nichts anderes als »menschenverachtende Handlungen«. Hauptamtliche und Inoffizielle Mitarbeiter – in aller Regel als »informelle Mitarbeiter und Spitzel« bezeichnet – werden grundsätzlich mit dem strafrechtlich besetzten Begriff als »Täter« diffamiert.

Stasimethoden, Stasikiller, Stasitäter, Mauerschützen, Schießbefehl, Folterknechte, Röntgenkanone, Folterkammer etc. sind keine journalistische Gedankenlosigkeit oder harmlose Rabulistik, sie sind durch stereotype Wiederholungen zu prägenden Kampfbegriffen mit Signalwirkung avanciert. Es sind die Totschlagargumente, um die Meinungsbildung zu beeinflussen, wenn allerschlimmste Zustände herbeigeredet werden sollen.

Totschlagargumente im wahrsten Sinne des Wortes, folgt man zum Beispiel Äußerungen des ehemaligen sächsischen Justizministers und erfolglosen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, Steffen Heitmann (CDU), in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 2. September 1994, als er bedauernd erklärte, dass man das Versäumnis, im Herbst 1989 die Unterdrücker nicht an den Laternen aufgehängt zu haben, leider nicht nachholen könne.

 

Geheimdienste sind keine Erfindung der DDR. Sie gehören zu den Strukturen eines jeden Staates als Machtinstrumente der jeweils herrschenden politischen Kräfte. Dazu äußern sich die Autoren, soweit es die Fragen und betreffenden Sachverhalte erfordern, wie auch darüber, inwieweit das MfS als Schutz- und Sicherheitsorgan der DDR natürlich auch ein Geheimdienst mit ähnlichen Mitteln und Methoden wie jeder andere Geheimdienst war.

Die Autoren wollen sich nicht in Schuldzuweisungen oder mit einem Auflisten aller Aktionen gegen die DDR in den Zeiten des Kalten Krieges durch die Geheimdienste der BRD und anderer Staaten verlieren. Dazu liegen bereits umfangreiche Dokumentationen besonders aus ihrer Feder vor. Sie werden aber dann konkret darauf eingehen, wenn es dem Erkenntnisgewinn dienen kann. Und sie erlauben sich Verweise auf Praktiken westlicher, insbesondere bundesdeutscher Geheimdienste und anderer Einrichtungen auch deshalb, um deren Heuchelei und Demagogie zu entlarven.

Die Autoren des vorliegenden Buches haben sich bemüht, einen umfangreichen Komplex von Fragen an das MfS, zu dessen historischer Herkunft, zu Charakter und Tätigkeit, seiner politischen Stellung, seinen Aufgaben und Grenzen möglichst objektiv, mit der Sachkenntnis von Insidern zu beantworten. Soweit es zu Detailfragen gehört, sind die Autoren auch unbequemen Fragen nicht ausgewichen, haben sie diese als betroffene Akteure und Zeitzeugen ungeschönt und zuverlässig beantwortet. Sie wähnen sich nicht im Besitz eines Wahrheitsmonopols und sind nicht frei von subjektiven Sichten und Wertungen. Sie wissen aus leidvollen Erfahrungen um den Wert und die Überzeugungskraft ehrlicher Antworten und Urteile. Die unter den derzeitigen politischen Verhältnissen in die Öffentlichkeit vom Zeitgeist lancierten tendenziösen, vorurteilsvollen Fehlinterpretationen dürfen nicht die Lüge zur Wahrheit werden lassen.

Es ist zu wünschen, dass die in den Antworten enthaltenen Fakten und Argumente überzeugen können und bei den Leserinnen und Lesern eine aufklärende, zu eigenen Urteilen führende Wirkung haben. Die Autoren sind sich der Schwierigkeiten ihres Vorhabens wohl bewusst. Gleichwohl hoffen sie auf eine Zeit vernünftiger Toleranz und Einsicht sowie des gerechten Umganges mit der schwierigen deutschen Nachkriegsgeschichte zweier deutscher Staaten mit eingeschränkter Souveränität.

Um dorthin zu gelangen, wollen sie sich an dem Spruch von Johann Wolfgang von Goethe orientieren: »Hab nur den Mut, die Wahrheit frei zu sagen und ungestört. Es wird den Zweifel in die Seele tragen, dem, der es hört. Und vor der Lust des Zweifels flieht der Wahn

 

Generaloberst a. D. Werner Großmann

Generalleutnant a. D. Wolfgang Schwanitz

 

Zur 3. ergänzten Auflage

 

Unser Buch fand ein größeres Echo als erhofft. Bereits 14 Tage nach dem Erscheinen wurde eine Nachauflage erforderlich. Zahlreiche Leser folgten zudem der Aufforderung, weitere Fragen an die Autoren zu richten. Andere äußerten sich zum Inhalt und machten Vorschläge für Ergänzungen und Korrekturen.

Anerkennung fand die umfassende, sachliche, an nachprüfbaren Fakten orientierte, aber auch kritische und selbstkritische Beantwortung der unterschiedlichen Fragen.

In Zeitungen fand das Buch Beachtung, meinungsführende Medien ignorierten es bisher. Es fiel auf, dass Beiträge in Boulevard- und Regionalzeitungen sich glichen, sie waren unsachlich und wie gewöhnlich von Hass durchdrungen. Dieser gipfelte in der Forderung nach Einschaltung des Staatsanwalts und Prüfung des Tatbestandes der Volksverhetzung durch Autoren und Verlag.

Dass die BStU-Behörde sich weigerte, unser Buch für die politische Bildungsarbeit zu nutzen, war zu erwarten. Nicht, dass sie sich bei ihrer Ablehnung ausgerechnet auf den »Beutelsbacher Konsens« von 1976 berief. Dort sind Kriterien für förderungswürdige politische Bildungsprojekte fixiert: Indoktrination wird abgelehnt und Ausgewogenheit gefordert. Um was aber handelt es sich, wenn man gleichsam als Zensurbehörde nur eine Meinung verbreitet, nur diese gelten und keine andere zulässt?

Der renommierte Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom hob in seiner Rezension im Neuen Deutschland am 20. Mai 2010 hervor, dass sich die Autoren offen und selbstkritisch mit allen wesentlichen Fragen zum MfS beschäftigt hätten, die seit 1990 aufgeworfen wurden.

Die Autoren haben in die vorliegende 3. Auflage weitere Fragen aufgenommen sowie einige Antworten überarbeitet und ergänzt. Deshalb wurden auch einzelne sinnwahrende Kürzungen notwendig. Unser Dank gilt allen, die uns durch ihre Anregungen, Vorschläge und Fragen konstruktiv unterstützt haben.

Berlin, im Juni  2010