Endlich herausgefunden: „Stasi“ bremst Wachstum im Osten

 

BILD enthüllte auf seiner Titel-Seite am 19.07.2010:

 

„Das von Stasi-Spitzeln gesäte Misstrauen bremst noch heute die Wirtschaft in den ostdeutschen Bundesländern. Das ergab laut "Focus" eine Studie der Uni Friedrichshafen. Demnach sind die Spätfolgen der Bespitzelung für bis zu sieben Prozent der Einkommensunterschiede zwischen Ost und West und für fast 26 Prozent der Unterschiede bei den Arbeitslosenzahlen verantwortlich.“

 

In „Focus-online“ konnte am 20.07.2010 in einem Artikel der Focus-Redakteurin Sandra Zistl  unter der Überschrift „Stasi bremst Wachstum“ nachlesen:

Die Überwachung durch inoffizielle Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit in der DDR wirkt sich bis heute negativ auf die Vertrauens- und Kooperationsfähigkeit der Menschen in Ostdeutschland und damit auch auf das Wirtschaftswachstum in den neuen Bundesländern aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Tyrell und Marcus Jacob. Indirekt sei die Jahrzehnte lange Bespitzelung für bis zu sieben Prozent der Einkommensunterschiede zwischen Ost und West verantwortlich und für fast 26 Prozent der Differenz in den Arbeitslosenzahlen … Das stete Bewusstsein im Gegenüber einen geheimen Informanten der Stasi vermuten zu müssen, hat in der DDR zu einem starken latenten Misstrauen gegenüber Fremden geführt“, erklärt Tyrell, Professor an der Zeppelin University Friedrichshafen. „Das wirkt sich noch heute erheblich auf die für wirtschaftliche Transaktionen so wichtige Bereitschaft aus, zu vertrauen und zu kooperieren.“ Der Mangel an so genanntem Sozialkapital lässt sich in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens nachweisen – sei es in der im Vergleich zum Westen geringeren Mitgliedschaft in Vereinen oder der niedrigeren Wahlbeteiligung … Tyrell und Jacob nahmen in Ostdeutschland jene Kooperationsbereitschaft unter die Lupe, die nicht durch gängige ökonomische Anreize zustande kommt. Als Indikator diente außerdem die Bereitschaft Organe zu spenden, ein weiterer Aspekt bürgerlichen Handelns, der nicht auf Eigennutzen basiert. Der Gedanke: Durch aktive Teilnahme am öffentlichen Leben lernen Menschen einander kennen, öffnen sich und können sich besser einschätzen. „Sie trainieren gleichsam Kooperation und Vertrauen“, erklärt Jacob. Ihre positiven Erfahrungen im Umgang miteinander aus verschiedensten Lebensbereichen vermittelten sie auch ihrem nächsten Umfeld und ihren Kindern. Von Generation zu Generation lernten die Mitglieder einer Gesellschaft somit, in welchem Maße sich Kooperation und Vertrauen lohnten … In einem von Bespitzelung geprägten Umfeld passiert genau das Gegenteil. „Der Mensch“, erklärt Jacob, „zieht sich zurück, er verlässt sich nur noch auf den innersten Kreis der Familie und wenige, enge Freunde, denen er glaubt, am meisten trauen zu können“. Um zu zeigen, wie dieser Mechanismus mit der Wirtschaftskraft zusammenhängt, setzten die Wissenschaftler die Zahl der IMs in Beziehung zum Sozialverhalten und zu den Wirtschaftsdaten. Das Ergebnis: „Regionale Unterschiede sind tatsächlich noch heute nachweisbar.“ Bezirke, die eine deutlich überdurchschnittliche Überwachungsintensität aufweisen, haben beispielsweise eine um durchschnittlich 0,6 Prozentpunkte geringere Wahlbeteiligung, eine um zehn Prozent geringere Beteiligung am öffentlichen Leben sowie nur die Hälfte an Organspenden. Diese schlechten Sozialkapitalwerte schlagen negativ auf die Bereitschaft zu sozialer und wirtschaftlicher Aktivität und damit schlussendlich auf die Wirtschaftskraft insgesamt durch.“

Angesichts der Zusammensetzung der Leserschaft des „Focus“ und der allgemeinen politischen Massenverblödung war es nicht verwunderlich, dass in den veröffentlichten Kommentaren der vorgenannte Artikel zustimmend aufgenommen wurde, wobei der Frust über den „Soli“ und wichtigtuerische Hinweise auf die „Stasi“-Seilschaften inkl. Seitenhiebe auf die Partei DIE LINKE nicht fehlen durften. Überraschend war lediglich der relativ große Teil jener, die offenbar noch über die Fähigkeit selbständigen Denkens verfügen und energisch widersprachen.

Hier eine Auswahl solcher unter Focus-online veröffentlichten Kommentare, die übrigens eine eigene Kommentierung überflüssig machen:

Tom (21.07.2010 14:24)

Das Mistrauen kam mit der DM

Und Schrottautohändlern, Versicherungsvertretern, Anlageberatern, Rheumadeckenverkäufern und Schneeballsystemen. Und was will man Wählen in einem Land was 20 Jahre nach der Wende noch TVöD Ost kennt?

 

Wonewelk (20.07.2010 20:20)

Als "Westprofessor" den Osten verstehen!?

Mit welcher Arroganz westdeutsche "Wissenschaftler" Urteile über ein System fällen, welches sie nur aus subjektiven Berichten kennen, erschüttert mich immer wieder. Sollten die ehrlichen Ursachen nicht einmal genannt werden? Die Oberflächlichkeit ist unerträglich. Die ehemalige DDR bestand wohl nur aus Stasileuten und Widerstandskämpfern westlicher Prägung.

 

Betroffener (20.07.2010 19:42)

Sommerloch-Studien, die die Welt nicht braucht

Wikipedia meint zu dieser aus der Wirtschaft finanzierten "gemeinnützigen" Uni: "Die Zeppelin University besitzt die Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nennt sich Hochschule zwischen Wirtschaft, Kultur und Politik, um damit den nach ihrem eigenen Selbstverständnis multidisziplinären Charakter von Forschung und Lehre zu betonen." AHA, hätte Loriot gesagt. Aber viel mehr braucht man nicht zu Wissen, um zu verstehen, was mit der Studie bewiesen werden soll. Noch viel dümmlicher lassen sich Korrelationen wohl kaum in Bezug setzen. Die FAZ meinte in einem Artikel zur Uni: "Ein Hauch von McKinsey am Bodensee". Naja - da weiß man, woran man ist. Der Laden ist auch nicht besser.

 

bess318(20.07.2010 19:38)

Bevor man sich über die Stasi -Mitarbeiter

aufregt, sollte man sich einmal fragen, haben uns die Nazi Mitglieder, die in gute Positionen kamen geschadet? Sicherlich wird jeder das verneinen können, also warum wieder die Spalterei zwischen Ost- und Westdeutschland?

 

Arkantos (20.07.2010 19:02)

Komisch

Misstrauen, Mobbing und Hinterhältigkeit habe ich als Ossi bisher hauptsächlich im Westen kennengelernt, gepaart mit Zerstörungswut, Hierarchiehörigkeit und Bloßstellungen. Von Kooperation, Zusammenarbeit und Vertrauen leider keine Spur, der bloße Machtgedanke zählt.

 

HC 917 (20.07.2010 19:01)

Schwachsinn pur

Die wirtschaflichen Unterschiede haben eher was mit Billiglohnregion und Anschluß der DDR statt echte Wiedervereinigung zu tun.

 

upwsznbg (20.07.2010 18:46)

Ich habe mich nach Lesen dieses Artikels

erst im Kalender erkundigt, ob heute der 1. April ist. Solch einen Unsinn leisten sich Wissenschaftler? Wer etwas von Statistik versteht, der kennt auch den Begriff der "Nonsenskorrelation", von der hier ein gutes Beispiel gegeben wurde.

 

mobo2000 (20.07.2010 18:37)

Gewagte These

denn der menschliche Zusammenhalt war im Osten doch viel ausgeprägter als jetzt (und im Westen). Trotz, oder gerade wegen der Stasi! Ich würde dem eher die These gegenüber stellen, dass die Ossis seit der Wende so oft über den Tisch gezogen wurden, dass bei vielen jegliches Vertrauen in Politik und Wirtschaft fehlt.

 

christof (20.07.2010 18:06)

Stasi bremst Wachstum

Es ist schon langsam lächerlich, Stasi bremst Wachstum, das fragen wir uns tatsächlich in einer Gesellschaft die am wirtschaftlichen und moralischen Abgrund flankiert. Im übrigen ist dieser sogenannte Wohlstand der westlichen Welt nur ein nicht endender Schuldenstrudel ein Molloch des Kapitals. Die DDR war im Vergleich zur BRD nur mit ein paar Groschen in der Kreide.

 

cabinet 20.07.2010 17:38)

An allem ist die Stasi schuld!

Die ostdeutschen Länder werden auf eine nicht absehbare Zeit am Steuertropf der alten Bundesländer hängen. Ihre industrielle Gesamtausstattung ist viel zu gering, um jemals den westdeutschen Durchschnitt zu erreichen (Werkbanksystem). Die Hauptursache dafür liegt in der Sturzgeburt der Währungsunion und der erfolgten De-Industrialisierung und dem anhaltenden Wegzug qualifizierter junger Arbeitskräfte bis heute. In Zeiten wirtschaftlicher Krisen wie heute wird das (west)deutsche Volk ungeduldig es müssen Erklärungen her. Notfalls in Form wissenschaftlicher Studien.

 

spiky (20.07.2010 16:26)

Die wahren Gründe...

sind doch eher, dass nach 1990 ganz schnell "gelernt" werden musste, dass der Goldene Westen für Otto Normalverbraucher ganz viel Lug und Trug bereit hält: sei es Politik, Treuhand, unseriöse Heilsversprecher, die Betriebe auspressten, Werbelügen, Gammelfleisch, Verträge mit Fallstricken, Arbeitswelt mit Ellenbogen, mehr Schein als Sein...wer erwartet auf so etwas eine freudige Reaktion?!?

 

Wahrheitjetzt (20.07.2010 15:56)

Blödsinn

Das ist mal wieder eine absolut an den Haaren herbeigezogene Studie, die den Steuerzahler hoffentlich nichts gekostet hat. Einer der Gründe für Misstrauen im Osten ist der, dass nach der Wende die sogenannte "Treuhand" den Osten systematisch zerstört hat. Da wurden gut funktionierende Betriebe geschlossen, wertvolle Anlagen, Höfe etc. für eine symbolische DM verschleudert usw.

 

Statistiker (20.07.2010 15:49)

Korrelationen und Statistik - wow!

Die Schulleistung eines Kindes korreliert stark mit der Hemdfarbe des Vaters. Kinder von Vätern, die einfarbige weiße Hemden tragen, sind in der Schule tendenziell besser als Kinder von Vätern, die bunte T-Shirts tragen! Es stimmt und wenn es bekannt wird, wollen SPD und Gewerkschaften bestimmt kostenlos weiße Hemden an Väter von schlechten Schulkindern verteilen, eine Art Zugabe zu Hartz4!

 

Bürger001 (20.07.2010 15:41)

So ein Unfug

Solch einen Unfug unter dem Deckmantel einer seriösen wissenschaftlichen Untersuchung! Die Herren sollten sich mal die Sozialkompetenz zu DDR-Zeiten ansehen, als fast jeder uneigennützig tätig war (Bau von Gemeinschaftsgebäuden, Schülerpatenschaften, AGs, Clubs usw.). Mit dem "goldenen" Westen hielt der Egoismus Einzug, der jede uneigennützige Tat der Lächerlichkeit preisgab.

 

ch_weimar (20.07.2010 15:40)

So ein Blödsinn

Die -zu Teil negativen- Erfahrungen der Ostdeutschen in den letzten 20 Jahren nach der Wende mit all dem was aus dem "Westen" rüberkam hat er wohlwissend in der Studie ausgelassen. Die Zusammenhänge sind haarsträubend und konstruiert. So was nennt sich Wissenschaft! Man könnte genauso einen Zusammenhang aus dem extremen Wetter der letzten 6 Monate und Kachelmann's Knastaufenthalt herstellen.

 

nter0ne (20.07.2010 15:36)

Misstrauen

hat sich bei etlichen damals auch breit gemacht, nachdem nach der Wiedervereinigung die wildesten Vertreter aus dem Westen des Landes rüberkamen und den ahnungslosen Leuten jeden Mist verkauft haben. Die eigenen Betriebe gingen vor die Hunde und ganz langsam fassen diese Leute eben erst wieder Vertrauen in die Strukturen dieses Landes.

 

peter (20.07.2010 15:25)

Was für ein Schwachsinn

Die Gehaltsunterschiede kommen, weil Ostdeutschland zum Absatzmarkt für den Westen reduziert wurde, während die Industrie im Osten entsorgt wurde. Deshalb gibt es im Osten eine viel höhere Arbeitslosenquote und in Folge niedrigere Löhne. Die Bereitschaft zur Kooperation, auch jenseits von Profitstreben, war im Osten sicherlich höher. Intriganten und Karrieristen sind auch nicht besser als Spitzel

 

Gast (20.07.2010 15:04)

Scheinkorrelationen

Das klassische Beispiel für eine Scheinkorrelation ist: Die sinkende Anzahl an Störchen korrelierte 1918 positiv mit der abnehmenden Geburtenrate. Auch wenn wir Sie damit desillusionieren müssen: Der Storch bringt eben nicht die Kinder.

 

Googlehupf (20.07.2010 14:59)

Wow

0,6 Prozentpunke geringere Wahlbeteiligung?? Wahnsinn!

 

Aufbau Ost (20.07.2010 14:48)

Meine Güte

was für ein Blödsinn mehr als 20 Jahre danach. Sind es nicht vielleicht doch 7,234 Prozent?

 

Rurik (20.07.2010 14:40)

Unglaublich

Je länger die DDR tot ist, desto verrückter werden "Ideen" und Erklärungsversuche. Haarsträubend.