Meinung
Ist Bellingcats
"MH17-Forensiker" Timmi Allen ein Hochstapler?
RT deutsch 17.03.2020
Olaf Neitsch alias Timmi Allen spielt eine zentrale Rolle bei
der MH17-Untersuchung der Rechercheplattform Bellingcat,
die Russland des Abschusses
des Flugzeugs bezichtigt. Mit der Wahrheit nimmt es Neitsch
offenbar nicht so genau, zumindest was seine eigene Vita betrifft.
Vergangene Woche hat
in den Niederlanden nach sechs Jahren Ermittlungen der Strafprozess zum
Abschuss des Flugs MH17 der Malaysia Airlines über der Ukraine begonnen.
Angeklagt sind drei Russen und ein Ukrainer, die das Luftabwehrsystem "Buk"
von Russland aus in die Ukraine transportiert haben sollen. Mit der Rakete sei
die Passagiermaschine später abgeschossen worden, so die Anklage. Die
Gerichtsverhandlung findet in Abwesenheit der Angeklagten statt.
Das Verfahren beruht
auf den internationalen Ermittlungen des JIT (Joint Investigation Team). Die
Erkenntnisse des JIT wiederum fußen zu einem Großteil auf den Recherchen der
privaten Plattform "Bellingcat" –
insbesondere was die "forensische Analyse" hinsichtlich des
Buk-Systems betrifft, die von dem deutschen Bellingcat-Mitstreiter
Olaf Neitsch (alias Timmi Allen) stammt. Der
ehemalige Kriminalbeamte Jürgen Cain Külbel nimmt den
Werdegang von Neitsch genauer unter die Lupe –
insbesondere dessen Behauptung, in der DDR Kriminologie
studiert zu haben.
von Jürgen Cain Külbel
Die Vulgärsprache des Bellingcat-Gründers
Eliot Higgins ist legendär. Kritikern kontert er schon mal mit fachlichen
Argumenten wie "Lutsch meine Eier". Auch Journalisten werden von
Higgins und seinen Mitreitern regelmäßig beleidigt: Der international bekannte
australische Journalist und Dokumentarfilmer John Pilger sei ein
"Truther", meint Higgins. In diese Kategorie reiht Bellingcat-Mitglied Aric Toler
auch Theodore A. Postol ein, ein US-amerikanischer
Physiker und emeritierter Professor am Massachusetts Institute of Technology: "Chemical attack
truther". Postol sei
laut Higgins gar ein "Idiot".
Und Robert Fisks "Journalismus" sei sowieso eine
"absolute Travestie", sein Name "buchstäblich Inbegriff für
Plagiat und Ungenauigkeit", twitterte Nick Waters von Bellingcat.
Der 73-Jährige Fisk, Nahost-Korrespondenten des Independent,
ist eine lebende Legende. Nur einige wenige Beispiele von vielen, die zeigen,
dass die Arroganz der Bellingcat-Aktivisten –
Higgins, ohne berufliche Abschlüsse; Waters, britischer Ex-Infanterist; Toler, bis 2014 in der Bank of America-Merrill Lynch – grenzenlos scheint.
Higgins und Toler sind Mitglieder
des "Bellingcat MH17 Untersuchungsteams".
Ebenso der 58-jährige Ostberliner Timmi Allen, der im wahren Leben Olaf Neitsch heißt. Da trifft man sich schon mal zum gemeinsamen
Grillen und Biertrinken auf dem Grundstück von Neitsch
in Ahrensfelde, tiefst im Osten der Bundeshauptstadt. Neitsch,
für die Truppe so etwas wie ein Übervater, hat seinen Mitstreitern bezüglich
seiner Vita offenbar eine Lüge aufgetischt: er sei studierter Kriminalist.
Olaf Neitsch, 1989 als
Unterleutnant der Staatssicherheit der DDR von der Kreisdienststelle des
Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Berlin-Treptow ins zivile Leben
entlassen, machte sich nach der "Wende" in den Sphären des Internets
als Timmi Allen einen Namen. Für die "unabhängige
Investigativ-Plattform" Bellingcat, die eng mit
dem transatlantischen, stramm anti-russisch ausgerichteten Atlantic
Council kooperiert, ist er seit 2014 tätig. Die "russische Rolle"
beim Abschuss des Fluges MH17 der Malaysia Airlines über der Ukraine am 19.
Juli 2014, bei dem 298 Menschen ums Leben kamen, machte er für die Truppe mit
Hilfe modernster 3D-Computergrafik "sichtbar".
Im ersten Bericht von Bellingcats
"MH17 Untersuchungsteam", der im November 2014 erschien, wird Allen
alias Neitsch als Mitglied des Teams aufgeführt. Im
Mai 2015 wird er in einem weiteren Bericht als verantwortlich für die
"forensische Analyse" gelistet.
Was qualifiziert Timmi Allen (im weiteren Verlauf: Olaf Neitsch) zum forensischen Experten? Am 28. Oktober 2019 gab
Neitsch dem zu Zeiten des Kalten Krieges vom
US-Auslandsgeheimdienst CIA finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty
(RFE/RL) ein Interview, das mit dem Titel "Von der Stasi zu Bellingcat: Ehemaliger ostdeutscher Agent wird
investigativer Reporter" und dem exklusiven Aufmacher startete: "Das
ist das erste Mal, dass er ein Medieninterview gibt, in dem Einzelheiten seiner
früheren Arbeit für die Stasi enthüllt werden, die für ihre Brutalität und repressiven
Methoden berüchtigt ist." Dann kommt Neitsch zu Wort:'Ich möchte nicht zurückkehren [in die Zeit in der
Stasi]. Ich war froh, als es zu Ende war', sagt Allen, der seinen Abschluss in
Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlinmachte, bevor er zum
Staatssicherheitsdienst wechselte. 'Das sind alles Dinge, die heute nützlich
sind – aber das hat mich nicht zu Bellingcat
gebracht.'
Dieses Statement von Olaf Neitsch
war vom 28. Oktober 2019 bis zum 13. Januar 2020 auf der Webseite von RFE/RL zu
lesen.
Ich bat den Briten Ray Furlong,
der das Interview veröffentlichte, ebenso wie Neitsch
um Klärung: Erstens war ein ziviles Kriminalistik-/Kriminologie-Studium in der
DDR vor Eintritt in ein bewaffnetes Organ nicht möglich, zweitens stieß mir der
Studiengang "Kriminologie" auf. Neitsch
schwieg. Doch Furlong, dem ich unterbreitet hatte,
dass es sich bei der Formulierung um einen Fehler gehandelt haben könnte,
reagierte: "Ich habe in der Tat einen Fehler gemacht und werde ihn
korrigieren." Die Korrektur liest sich seit dem 13. Januar 2020 so: 'Ich
möchte nicht zurückkehren [in die Zeit in der Stasi]. Ich war froh, als es zu
Ende war', sagt Allen, der nach seinem Eintritt in den Staatssicherheitsdienst
Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam studierte. 'Das
sind alles Dinge, die heute nützlich sind - aber das hat mich nicht zu Bellingcat gebracht.'
Also änderte Furlong von der
Ausgangssituation am 28. Oktober 2019, Neitsch habe
"seinen Abschluss in Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlin
gemacht, bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte", seinen Report am
13. Januar 2020 dahingehend, er habe "nach seinem Eintritt in den
Staatssicherheitsdienst Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in
Potsdam studiert."
Ray Furlong, der
Deutsch verhandlungssicher spricht, englische Literatur studierte, für
die BBC in Prag, Berlin und London arbeitete, ist kein Vorwurf zu machen. Wer
weiß schon heutzutage, dass es ein Hochschulstudium Kriminalistik in der DDR
gab? Furlong nicht; DDR-Bürger, die das Fach
studierten, deren Kollegen oder ihr Umfeld vielleicht. Furlong
vertraute Neitsch offenbar, konsultierte ihn
möglicherweise nach meiner Intervention, "verschlimmbesserte" die
Sache dann aber.
Erster zu klärender Umstand:
"Kriminologie an der Humboldt-Universität in Ostberlin" oder
"Kriminologie an der Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam"?
Ermittlungsergebnis: Tatsächlich gab es zu DDR-Zeiten an
der Humboldt-Universität in Ostberlin keinen "Studiengang
Kriminologie", wohl aber den vierjährigen Studiengang Kriminalistik an der
gleichnamigen Sektion, die vom Berliner Senat 1990 "mangels Bedarf"
umgehend abgewickelt wurde. Bis dahin hatten 3.000 Studierende mit der
Berufsbezeichnung "Diplom-Kriminalist" diesen Studiengang abgeschlossen.
Die Wortschöpfung "Ostberliner Humboldt-Universität in Potsdam" ist
ein Paradoxon; in Potsdam Kriminologie studiert zu haben, ist Humbug. Zwar gab
es dort die "Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit", doch
erzielten dort bis 1989 rund 3.300 Personen den Abschluss
"Diplom-Jurist".
Zweiter zu klärender Umstand:
Studierte Neitsch "bevor er zum
Staatssicherheitsdienst wechselte"?
Ermittlungsergebnis: Neitsch
wurde im November 1961 geboren. Theoretisch hätte er mit 18 Jahren, also 1979,
"bevor er zum Staatssicherheitsdienst wechselte", mit dem
vierjährigen Studium Kriminalistik oder "Kriminologie", wie er es
bezeichnet, beginnen können. Theoretisch hätte er sein Studium 1983/84 beenden
können; er hätte durch ein Diplom zumindest den Dienstgrad Leutnant erworben.
Es ist also davon auszugehen, dass er lügt, da ein 18-Jähriger ohne
Praxiserfahrung in einem bewaffneten Organ überhaupt nicht zum Studium
delegiert werden konnte. Alle Studenten wurden delegiert, es gab kein ziviles
Kriminalistik-Studium, so dass es unmöglich ist, dass Neitsch
nach einem Kriminalistik-Studium vom MfS übernommen wurde.
Oberstleutnant a. D. Reiner Neubert, ehemals Stellvertreter
des Leiters der Kreisdienststelle Berlin-Treptow des Ministeriums für
Staatssicherheit (MfS), damals Vorgesetzter von Olaf Neitsch,
erklärte dazu gegenüber dem Autor: Wenn er 1961 geboren wurde, wäre er 1981 20
Jahre alt gewesen und hätte schon ein vierjähriges Studium hinter sich gehabt.
Wer so dreist lügt, glaubt, dass es keiner merkt. Vor Jahren hat er seine
Zugehörigkeit [zur Stasi] geleugnet, jetzt gibt er sie zu.
Dritter zu klärender Umstand: Studierte Neitsch
"nach seinem Eintritt in den Staatssicherheitsdienst"?
Ermittlungsergebnis: Neitsch gibt
im Interview mit RFE/RL zu, dass seine "Stasi-Karriere mit einem
siebenjährigen Wachdienst" in der Kreisdienststelle des MfS Berlin-Treptow
begann, dass er erst "1987 zum operativen Mitarbeiter befördert
wurde". Laut den Erinnerungen von OSL a. D. Neubert muss Neitsch "so 1980/81 eingestellt worden sein".
Da war er 19 oder 20 Jahre alt. Ich kenne jedoch keinen
Mitarbeiter in der damaligen Dienststelle, der sieben Jahre in der Wache
zugebracht hätte. Sollte es doch so gewesen sein, so hätte dies etwas mit dem
Intellekt desjenigen zu tun gehabt", so Neubert.
Das deckt sich mit der Aussage von Neitsch
selbst über seinen "siebenjährigen Wachdienst", schließt ein Studium
vor Einstellung beim MfS aber endgültig aus. "Als Wachsoldat" – so
OSL a.D. Neubert – "wurde er beim Bau, bei der Urbarmachung des Baufeldes
der Dienststelle herangezogen. Das muss 1982 gewesen sein. Seit dieser Zeit war
er ohne Unterbrechung [bis 1989] an seinem Dienstort [in der Kreisdienststelle
Berlin-Treptow]. Es wäre auch ein Novum gewesen, wäre er in dieser Zeit zur
Humboldt-Universität gegangen."
Neitsch
schied, wie bereits angemerkt, nach der "Wende" 1989 als
Unterleutnant aus. Als Hochschulabsolvent hätte er zu dem Zeitpunkt zumindest
den Dienstgrad Leutnant getragen, hätte eine Leitungsfunktion innegehabt.
"Absolventen von Fachschulen wurden in der Regel zum Unterleutnant ernannt,
Absolventen von Hochschulen wurden zum Leutnant befördert", heißt es in
dem Buch "Im Dienst der Staatssicherheit: Eine soziologische Studie über
die hauptamtlichen Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes".
Einen Fachschulabschluss hätte Neitsch
an der Humboldt-Universität zu Berlin (beziehungsweise an der
"Ost-Berliner Humboldt-Universität in Potsdam", die es gar nicht
gibt) überhaupt nicht erlangen können. Ob er eine Fachschule besucht hat, ist
mehr als fraglich. Er hätte 1987, sofort nach Übernahme aus dem Wachdienst, mit
dem Studium beginnen müssen, dieses aber erst 1990 beenden können.
"Das Fachschulstudium wurde in verschiedenen
Fachrichtungen und teilweise an Schulen der Diensteinheiten durchgeführt, z.
B.: Schule der HA KuSch für Angehörige in operativen
Dienststellungen (Abwehr), Schule der HA VI für Angehörige in
spezifisch-operativen Dienststellungen (Passkontrolle), Schule Gransee für
Angehörige in sicherstellenden Dienststellungen, Schule WSE (Wach- und
Sicherungseinheit) für Angehörige in militärisch-operativen Dienststellungen in
Groß Schönebeck, Kreis Eberswalde", schreibt Günter Förster in "Die
Dissertationen an der 'Juristischen Hochschule' des MfS".
Tatsächlich war Olaf Neitsch
zuletzt, also 1989, in der Kreisdienststelle des MfS Treptow als Unterleutnant
und Auswerter im "Referat BO – Bewaffnete Organe" tätig, das für die
Kontrolle und Absicherung der bewaffneten Organe der DDR – Grenztruppen,
Nationale Volksarmee, Volkspolizei – zuständig war. RFE/RL tischte er auf:
"Meine Aufgabe war es, Berichte auszuwerten und sie auf Informationen zu
durchsuchen. Insbesondere Informationen über Menschen, die gegen den Staat
arbeiten wollten. Aber genau das hat mich Anfang 1987 dazu veranlasst, Zweifel
[an der kommunistischen Doktrin] zu hegen."
Auf die Frage, was er denn in der DDR gemacht habe,
antwortete er: "Alles".
Nebenschauplatz: Furlong von
RFE/RL ist tief beeindruckt: "Der Bellingcat-Forscher
Timmi Allen zoomt in Google Earth auf eine Berliner Polizeistation, in der er
einst für die gefürchtete DDR-Geheimpolizei – die Stasi – gearbeitet hat.
'Unter dieser Station befindet sich ein tiefer Bunker, der einer Atombombe
standhalten sollte', sagte Allen."
OSL a. D. Neubert hält dagegen: Der 'Bunker' hatte
lediglich ein Untergeschoss. Die Bezeichnung 'Atombunker' ist hoffnungslos
übertrieben. Er besaß nur eine geringe Schutzgüte. Er war eher gedacht als
Erstschutz vor konventionellen Waffen, einschließlich Gas, oder als Schutz vor
atomaren Auswirkungen, wenn das Epizentrum kilometerweit entfernt war. Dazu gab
es auch eine Entaktivierungsanlage und ansonsten nur
Räume für Unterkünfte. Was der aussagt, ist kompletter Unsinn.
Vierter zu klärender Umstand:
Existieren an der Humboldt-Universität zu Berlin Unterlagen zum
Studienabschluss von Olaf Neitsch?
Ermittlungsergebnis: Prof. Dr. sc. jur. Frank-Rainer Schurich, letzter Direktor der Sektion Kriminalistik an der
Humboldt-Universität, gab 2015 zusammen mit Prof. Dr. Ingo Wirth, ehemals
Hochschuldozent für Kriminalistik und forensische Medizin, das Buch "Die
Kriminalistik an den Universitäten der DDR (Schriftenreihe Polizei)"
heraus. In dem gedruckten Werk sind sämtliche Diplomarbeiten sowie
Dissertationen A und B verzeichnet, sofern sie gefunden wurden. Allerdings ist
die Aufstellung nicht vollzählig, insbesondere Fernstudenten fehlen, die in der
Regel hochrangige Vertreter der Ministerien waren. Die abgedruckte Aufstellung
ist also ein wenig bereinigt. Allerdings, so wurde dem Autor versichert, waren
in der Erstfassung des Buches alle aufgefundenen Diplomarbeiten verzeichnet.
Der Name Neitsch findet sich weder in dem gedruckten
Werk noch in dessen Erstfassung.
Fünfter zu klärender Umstand:
Existieren an der ehemaligen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit
in Potsdam Unterlagen zum Studienabschluss von Olaf Neitsch?
Die Suche im "Absolventenverzeichnis der
Diplomstudiengänge bis 1990. Bibliographie der Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten im postgradualen Studium" der bereits
genannten Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam stößt
ebenso ins Leere: kein Eintrag unter dem Namen Neitsch.
Dessen "Dienstbiographie" beim MfS (sieben Jahre Wachdienst, drei
Jahre operative Tätigkeit) widersprach auch der Zulassungsordnung der Potsdamer
Hochschule. Darin ist seit 1980 geregelt, dass "nur Angehörige des MfS zu
einem Studium zugelassen wurden". Weiter heißt es darin: Grundsätzliche
Voraussetzung war der Nachweis der Hochschulreife, die durch das Abitur, ein
erfolgreich abgeschlossenes Fachschulstudium oder die Absolvierung der
Offiziersausbildung in den 'Diensteinheiten des MfS' erworben werden konnte.
Außerdem musste der Bewerber fünf Jahre in einer politisch-operativen Diensteinheit
tätig gewesen und zwischen 25 und 30 Jahren alt sein. Die zugelassenen Bewerber
wurden zum Hochschulstudium durch die Diensteinheit des MfS, bei der sie tätig
waren, delegiert.
Die Delegierungsvorschläge wurden – in der Regel ein Jahr
vor Aufnahme des Studiums – von den Diensteinheiten zusammen mit der
Hauptabteilung Kader und Schulung erarbeitet ... Sie enthielten neben einer
ausführlichen Beurteilung mit Zeugnissen eine Begründung der Delegierung, in
der die Notwendigkeit des Studiums, die Leistungs- und Verhaltenseigenschaften
des Bewerbers sowie sein geplanter Einsatz nach Studienabschluss dargestellt
wurden.
Sechster zu klärender Umstand:
Welche forensischen Qualifikationen und Fähigkeiten besitzt Olaf Neitsch?
Ermittlungsergebnis: Die Berufsbezeichnung
"Forensiker" ist nicht geschützt. Doch kann Der Spiegel Auskunft
geben: In einem Artikel des Hamburger Nachrichtenmagazins ("Bellingcat betreibt Kaffeesatzleserei") kritisiert der
Bildforensiker Jens Kriese bereits im Jahre 2015 eine
von Neitsch erstellte "forensische
Analyse", die er unter Zuhilfenahme des Internet-Analysewerkzeuges
FotoForensic.com durchgeführt hatte, um Russland die Fälschung von
Satelliten-Aufnahmen zur MH17-Katastrophe nachzuweisen. Auch der Schöpfer des
Werkzeuges, Dr. Neal Krawetz, distanzierte sich: das
sei ein gutes Beispiel, "wie man eine Analyse nicht machen sollte".
In einer Presseerklärung vom 3. Juni 2015 schrieb junge
Welt: Nach dem Anschluss der DDR versuchte er (Neitsch)
sein Glück zeitweise als Kneipier in Bernau und wechselte später in die
Versicherungsbranche. Bei der Deutschen Krankenversicherung (DKV) taucht er
online als Mitarbeiter auf (olaf-neitsch.dkv.com). Auskunftsfreudiger ist sein
Werbeauftritt für die ergo-Versicherung, wo er nach dem Motto 'Versichern heißt
verstehen!' als 'Organisationsleiter (Werbekolonnen)' in Ahrensfelde bei Berlin
den Verkauf von Policen koordiniert.
Aber auch sonst ist Neitsch in
den Sphären des World Wide Web kein unbeschriebenes Blatt, im Gegenteil: In
Sachen Internet scheint er über eine besondere Expertise zu verfügen, die ließ
ihn bei 'Bellingcat' vielleicht interessant
erscheinen: Für das Onlinespiel 'Second Life' (deutsch: zweites Leben) bietet
er über seine Firma 'Virtual Services' Tier- und Landschaftsbilder zum Verkauf
an. Die Mitarbeit bei 'Bellingcat' betreibt Neitsch nach eigener Auskunft als Hobby.
Mit seiner Online-Firma "Virtual Services" ist Neitsch dagegen bereits seit Anfang 2007 in der virtuellen
Welt präsent, hat sich offenbar zu einem Marktführer bei der Erstellung von
Benutzerinhalten entwickelt. Die Firma verkauft Tier- und Landschaftsbilder für
die 3D-Weltsimulation "Second Life", betreibt Bild- und Videoanalyse
und entwickelt neue Analysemethoden.
Man muss wissen, das "Linden Lab" aus San
Francisco ist der Betreiber von "Second Life". Die User in dem
gleichnamigen Produkt wiederum werden laut Edward Snowden spätestens seit 2009
vom größten Geheimdienst der USA, der National Security Agency (NSA),
überwacht. Agenten der NSA und des britischen Nachrichtendienstes GCHQ sind in
dem 3D-Spiel inkognito angemeldet, suchen Hinweise auf konspirative Gruppen,
Chat-Nachrichten und Aktivitäten von potenziellen Terroristen.
Es sei laut Snowden "in den Computerspielen einfach
gewesen, Wissenschaftler und Ingenieure weltweit zu kontaktieren, um sie als
Informanten anzuwerben". Wir wissen nicht, ob Timmi Allen alias Olaf Neitsch, der seit 2007 virtuelle Meetings und Konferenzen
in "Second Life" sowie eine individuelle Einführung und Schulung der
Teilnehmer anbietet, sich unter den Angeworbenen befindet. Sein Weg zu Bellingcat wäre so zumindest plausibel erklärbar.
Bellingcat-Gründer
Eliot Higgins verteidigte Neitsch. Er sei nicht in der
Position, Deutschen zu erzählen, was sie über die Vergangenheit von Timmi Allen
denken sollten, sagte er gegenüber Spiegel Online: "In den vergangenen
neun Monaten habe ich ihn als Freiwilligen kennengelernt, der seine Freizeit
geopfert hat, um die Wahrheit hinter dem Mord von 298 Passagieren an Bord von
Flug MH17 aufzudecken."
Schlussfolgerung
Neitsch ist
weder Kriminalist noch Kriminologe mit Hochschulabschluss, allerhöchstens
selbsternannter "forensischer Analyst". Geradezu lächerlich wirkt es
dann, dass sich das internationale Joint Investigation Team (JIT) in Den Haag, das die Verantwortlichen für die MH17-Tragödie vor ein
Tribunal stellen will, auf "Ermittlungen" dieser Bellingcat-Aktivisten
stützt. Insbesondere auf die "Befunde" des hochstapelnden Nicht-Kriminalisten
Neitsch, die unprofessionell insinuieren, die
Buk-Rakete, mit der das Flugzeug abgeschossen wurde, sei aus Russland gekommen.
Diese "Ermittlungen" sind von Eliot Higgins,
einem Amateur ohne Abschlüsse, vom Ostberliner Neitsch,
der zwischen Dichtung und Wahrheit lustwandelt, und von einem niederländischen
Musiker, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will, "kreiert"
worden.
Ob in Sachen Skripal, MH17 oder
Chemiewaffen in Syrien: Die von Medien des Mainstream
hochgelobte Bellingcat-Plattform erweist sich als ein
williges Werkzeug transatlantischer Interessengruppen, um Russland oder Syrien
Verbrechen in die Schuhe schieben zu können. Medien- und Journalisten-Preise,
mit denen Bellingcat überschüttet wurde, können über
das Ausmaß der Fälschungen nicht hinwegtäuschen.
Anmerkung des Autors: Olaf Neitsch wurde mehrfach sowohl direkt als auch über Bellingcat kontaktiert, ihm wurden Teile dieses Artikels,
sein Studium betreffend, vorgelegt mit der Bitte: "Sollte ich falsch
liegen, so bitte ich dringend um Ihre Intervention, Richtigstellung,
Untersagung, gegebenenfalls Ihre Aufforderung oder die Ihres Anwaltes zur
Unterlassung der Veröffentlichung oder Teilen davon. Sie können mich auch
telefonisch erreichen …" Olaf Neitsch machte
davon keinen Gebrauch.
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