Dresden, 12, November 2004

 

Wenn über die DDR Scheiße ausgeschüttet wird, muss der MDR dabei sein

 

Am 10. November 2004 sendete der MDR die Reportage „ Zentrale des Terrors", die vorgab, sich mit dem Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit zu befassen. Die Macher rechnen offensichtlich nur noch mit dummen Zuschauern oder sie handeln nach dem Motto (das schon Goebbels praktizierte): Je größer die Lüge, um so eher wird sie geglaubt. Hauptsache ist: Etwas von der antikommunistischen Hetze (wie gehabt) bleibt hangen. Was ist unter anderem falsch an der Reportage?

 

-         Das Speziallager 3 der sowjetischen Besatzungsmacht wird in eine Reihe mit der späteren Untersuchungshaftanstalt gestellt. Aber das Speziallager hatte dieselbe Funktion wie die Internierungslager in den Zonen der Westalliierten; Nazis, Kriegsverbrecher und Gegner der Besatzungspolitik zu inhaftieren.

-         Inhaftierte waren- wie im Westen- Schuldige, was weder in Ost noch West ausschloss, dass es Denunziationen und Irrtümer gab.

-         Für die Macher der Reportage gibt es keinen historischen und politischen Bezug zur realen Geschichte, die erst die Existenz und Funktion der Haftanstalt erklärt. Verkürzt: Ohne Krieg kein Speziallager (im Westen Internierungslager), ohne kalten Krieg (der wiederholt zum heißen Krieg zu eskalieren drohte) keine Spione, Saboteure, Schleuser usw., deren Tätigkeit kriminell und gefährlich für die DDR und den Frieden war.

-         Es gab keine „Folteropfer", und die DDR war vor 1989 in keinem UN- Gremium wegen ihrer Rechtsprechung kritisiert worden.

-         Die „ Zeitzeugen", die eingesetzt wurden (z. B. Janka vor einer Zelle), beschreiben nichts anderes, was ein früherer Häftling in Stammheim oder Moabit auch erzählen könnte (was aber nicht gesendet würde). Es ist zu vermuten, dass nirgends in der Welt Erinnerungen an die Haft positiv dargestellt werden.

-         Bundespräsident Roman Herzog hat am 13. Februar 1995 in der Dresdner Kathedrale vor dem makabren Geschäft gewarnt, die Opfer zu „saldieren." Wenn das geschieht, kommen die USA am schlechtesten weg. Nirgends in Deutschland sind 1945 mehr Menschen ( Kriegsgefangene) in Erdhöhlen „ verreckt" und am Lagerrand „verscharrt" worden als auf den „Rheinwiesen". Über die unschuldigen Opfer der USA- Politik heute, die Folter ausdrücklich einschließt, muss hier nicht geschrieben werden.

 

Möglicher Weise glauben die Autoren der Reportage „ Zentrale des Terrors", die „Abrechnung" mit der DDR diene der (bürgerlichen) Demokratie. Sie sollten auf Dresden blicken. Und an Schillers Weisheit denken: Allzu straff gespannt, zerspringt der Bogen. Sollte jedoch die Absicht der Autoren gewesen sein, die „Ostalgie" vieler Ostdeutscher und die Skepsis gegenüber der Medienpolitik zu verstärken, müssten sie weitermachen. Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht.

 

Prof. Dr. Horst Schneider