Brief von Prof. Horst Schneider (Dresden) an
die Redaktion des Nachrichten-Magazins „Der Spiegel“
Sehr geehrter Herr
Chefredakteur,
sehr geehrter Herr Geyer,
im „ Spiegel" 33/2006 S. 58 f. ist ein Bericht abgedruckt, der das
jetzt übliche niedrige
Recherche- Niveau
widerspiegelt und den kalten Krieg ohne Rücksicht auf Verluste
fortsetzt. Da ich den „ Spiegel"
seit mehr als 50 Jahren mitlese, habe ich das mit Bedauern
verfolgt.
Zur Recherche „ Das Leben des
anderen" kann ich etwas sagen, weil ich an den
beschriebenen Ereignissen
beteiligt bin. Ich bin der Verfasser des Spotless -
Buches
„Das Gruselkabinett des Dr.
Hubertus Knabe (lari)", von dem Sie schreiben:
„ Das Buch beschreibt das
ehemalige Stasi - Gefängnis als humane Vollzugsanstalt,
es behauptet, in der
Geschichte werde die Geschichte verfälscht."
Ich „ behaupte"? Ich
stelle lediglich Tatsachen fest. Viele haben mir das bestätigt,
keiner (bis jetzt)
widersprochen.
Warum haben Sie so viel Angst
davor, dass auch Offiziere des MfS sich als Zeugen an dem
Streit sachlich beteiligen,
den doch auch der Bundespräsident (in meinem Buch S. 14)
für nützlich und nötig hält?
Was ist denn Schlimmes an einem „ Dialog" zwischen Herr Zahn,
den ich in Berlin kennen
lernte, und Herr Schwanitz?
Nicht nur ich habe Respekt
vor der Courage von Herr Schwanitz, der sich mutig dem
verordneten ideologischen mainstream der Feigen widersetzt.
Wenn Herr Zahn das
Untersuchungsgefängnis als „ Denunziationshölle" bezeichnet,
in der nicht gefoltert wurde,
und sich eine Tracht Prügel als menschliche Regung
gewünscht hätte, ist das
seine Sache.
Ich habe nur Fakten
festzustellen mich bemüht.
Was die Anti
- DDR - Hetze betrifft, hat sie böse
Folgen, die ihre Urheber in ihrer
Verblendung genau so missachten wie Erich Honecker den Stimmungsumschwung 1989.
Aber dazu habe ich mich schon
verschiedentlich geäußert
Es gibt da einen schönen Satz
von Abraham Lincoln, den Sie sicherlich kennen.
Ich wünsche Ihnen bei kündigen Recherchen einen besseren Blick
Mit
freundlichen Grüßen
gez. Horst Schneider
Dresden, 20. August 2006