junge Welt
22.02.2008 / Ansichten / Seite 8
Stasi-Opfer des Tages: Zeitzeuge H.
Hubertus Knabe hat in Berlin-Hohenschönhausen ein Stasi-Opfer entlassen. Der Berliner Tagesspiegel berichtet, daß der Leiter der Gedenkstätte (»Hohe Mauern, Wachtürme, schwere Gitter«) des ehemaligen Gefängnisses der DDR-Staatssicherheit einen gewissen Herrn H. rauswarf: Der wird keine Besucher mehr durch den »Schrecken des SED-Regimes« (Tagesspiegel) bzw. »Dachau der DDR« (Knabe) führen. Ein schwerer Verlust an der gesamtdeutschen Gruselfront. Dabei dürfte Herr H. zu jenen Häftlingen des Knastes gehört haben, für deren Betreuung dem Ministerium für Staatssicherheit wahrscheinlich nicht nur nachträglicher Dank, sondern auch Bedauern auszusprechen ist. Man kann sich seinen Umgang nicht immer aussuchen. Herr H. hat eine Heldenlaufbahn im DDR-Widerstand hinter sich. Darüber berichtete er laut Tagesspiegel Anfang Dezember 2007 zwei Besuchern der Gedenkstätte nach einer Führung im »Privatgespräch« - Abhauen aus der DDR, Fluchthelfer, seine Ankunft im Westen am Stammtisch von Horst Mahler im »Kennedy-Grill« beim Rathaus Schöneberg. Dort feiere man den Reichsgründungstag, die Lebensgefährtin Mahlers habe dazu einmal aus Hitlers »Mein Kampf« vorgetragen. Zum Holocaust-Mahnmal seien Anteilsscheine ausgegeben worden, »um später die Preßlufthämmer finanzieren zu können«. Er selbst sei als »Reichsminister« für »Wiederaufbau« vorgesehen. Vom Tagesspiegel befragt, wetterte der Minister in spe von »Denunziation«, er sei »deutschnational, nicht rechtsradikal«.
Obwohl so als Demokrat ausgewiesen, griff Hubertus Knabe durch. Seine Einrichtung, erklärte er der Zeitung, »muß über jeden Zweifel erhaben sein, daß es hier offene oder heimliche Sympathie für totalitäres Gedankengut geben könnte«. Und betonte, der Fall H. sei »absolut untypisch«.
Vorschlag: Der »Kennedy-Grill« zieht in die Nähe der Gedenkstätte. Dann haben es die Untypischen nicht so weit. (asc)
http://www.jungewelt.de/2008/02-22/034.php7printH 22.02.2008